Phasen der Stagnation und des Zweifels überwinden
Dr. Gudrun Thielking-Wagner
Eine Doktorarbeit ist ein Langzeitprojekt. Rechnen Sie mit mehreren Jahren, bis Sie sich den Doktorhut auf den Kopf setzen dürfen. In dieser Zeit werden Sie Höhen und sehr wahrscheinlich auch Tiefen erleben. Diese emotionalen „Achterbahn-Erfahrungen“ sind bei der Mehrheit der Doktorandinnen und Doktoranden normal, sie gehören zu einer Promotion dazu.
Was aber können Sie tun, wenn Sie in eine Tief-Phase gerutscht sind? Wenn Sie, schwankend und besorgt, sich fragen, ob Ihre Forschungsarbeit überhaupt relevant oder womöglich einfach nur banal, langweilig und uninteressant ist? Oder wenn Sie feststellen, dass Ihre Laboruntersuchungen nicht die Ergebnisse liefern, die Sie erwartet haben? Oder wenn Sie meinen, dass Sie die Forschungsfrage einfach nicht beantworten können?
Konstruktiver Umgang mit Selbstzweifeln
- Gefühle des Selbstzweifels sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass Sie eine Pause benötigen. Nehmen Sie eine Auszeit. Gönnen Sie sich z. B. ein Wochenende an einem Ort, den Sie lieben, an dem Sie entspannen können. Oder lesen Sie ein Buch, das mit Ihrem Thema nichts zu tun hat. Das hilft Ihnen, sich wieder zu erden, und Sie werden danach wieder aufmerksamer, motivierter und schreiblustvoller sein.
- Machen Sie sich Ihre Selbstzweifel bewusst. Schreiben Sie sie auf. Formulieren Sie konkrete Fragen und besprechen Sie diese mit Ihren Betreuenden oder mit anderen Promovierenden. So kommen Sie wieder auf die professionelle Sachebene und werden in der Lage sein, das Sie weiterführende Potenzial des Zweifels zu erkennen, der Sie somit Ihrem Forschungsziel ein Stück näher bringt.
- Erinnern Sie sich an Ihre Motivation, denken Sie daran, warum Sie überhaupt promovieren wollen und einen Doktortitel anstreben. Malen Sie sich dann mit allen Sinnen aus, wie es ist, wenn Sie den Doktortitel verliehen bekommen haben: Wie sehen Sie aus? Was sehen Sie? Welche Geräusche und Gerüche umgeben Sie? Welche Menschen sind bei Ihnen? Was sagen sie, wie verhalten sie sich? Was fühlen Sie? Wo in Ihrem Körper spüren Sie etwa Stolz, Freude oder Erleichterung? Lassen Sie dieses Szenario wie einen Film mehrmals vor Ihrem inneren geistigen Auge ablaufen. Sie können Einzelheiten verändern, erweitern, manche Wahrnehmungen intensivieren. Entwickeln Sie ein starkes Bild, das Ihnen zeigt, weshalb Sie sich die ganze Mühe der Doktorarbeit machen. Begleitet von dem Glaubenssatz: Ich kann, ich will und ich werde meine Promotion erfolgreich abschließen. Eine Vision unterstützt Sie dabei, Entscheidungen zu treffen. Sie stärkt Ihr Vertrauen in sich selbst und gibt Ihnen Kraft.
- Vergegenwärtigen Sie sich, dass Sie nur einen kleinen Forschungsbeitrag leisten können und dass dies auch gut so ist. Denn, wie der britische Philosoph Karl Raimund Popper sagt: Unser Wissen kann nur endlich sein, während unser Nichtwissen notwendigerweise unendlich sein muss [2]. Lassen Sie diesen Gedanken auf sich wirken und spüren Sie die Erleichterung, die er in sich birgt.