Fachliteratur bei der Hausarbeit richtig einsetzen

Anne Amend-Söchting

Hausarbeit schreiben

In der Regel bleibt auch das Lesen in der Anfangsphase noch unspezifisch. Sie umrunden das Thema, informieren sich über all seine Aspekte und avancieren so allmählich zum Experten in einem weiter gefassten Themenfeld.

Denken Sie daran, Ihre Quellen bzw. Ihre Sekundärliteratur von Anfang an zu systematisieren. Der Begriff „Quelle“ bezeichnet in der Geschichtswissenschaft historische Dokumente, in anderen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen umfasst er eher undifferenziert alle Informationstexte zum jeweiligen Thema.

Im Vergleich dazu ist der Terminus „Sekundärliteratur“ vor allem im Kontext der Literaturwissenschaft zu finden und auf der Basis von „Primärliteratur“ zu sehen.

Während „Primärliteratur“ sich auf (meistens) literarische Grundlagentexte bezieht, richtet sich „Sekundärliteratur“ bereits auf die Deutung der Primärliteratur. Die Ausdrücke „Quelle“ und „Sekundärliteratur“ werden oftmals undifferenziert verwendet. Im weiteren Verlauf dieser Übersicht lesen Sie beides nebeneinander, denn es kann ja sein, dass Sie sowohl Quellen, historische Texte und/oder Informationstexte als auch Sekundärliteratur, also Literatur zur Primärliteratur, nutzen.

In manchen Fällen dürfte es ausreichen, Zitate mit Quellenangaben zu notieren. Bei der Arbeit mit Quellen, die umfangreicher genutzt werden, empfiehlt es sich unbedingt, ein Exzerpt anzufertigen (vgl. Boeglin 2012, S. 114). Ein Exzerpt beginnt mit der korrekten Literaturangabe und besteht danach oftmals aus einer guten Mischung aus Zusammenfassungen, Zitaten, Paraphrasen (Wiedergabe eines Zitats oder eines längeren Textabschnitts mit eigenen Worten, keine Zusammenfassung) und Kommentaren. Es verdeutlicht den Argumentationsgang des jeweiligen Autors und kann in den nächsten Arbeitsphasen intensiv genutzt werden.

Beim Erstellen einer Hausarbeit bleiben die Quellen in der Regel gut überschaubar.

 

Erste Ordnung – Definition der Fragestellung bzw. des Themas

Nehmen wir jetzt einmal an, dass Ihre Fragestellung bzw. Ihr Thema nicht vorgegeben ist, sondern Sie aus dem allgemeinen thematischen Bereich eine Fragestellung extrapolieren können und sollen.

Bleiben wir bei dem oben angeführten Beispiel, das Sie mit der folgenden Struktur auf eine Fragestellung bzw. ein Thema „herunterbrechen“ können.

Thema: ADHS

 

Was ist Gegenstand meiner Studie?

Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätsstörung im Kindes- und Jugendalter,
Information über Manifestationen des Syndroms und den aktuellen Stand von Behandlungsmöglichkeiten

 

Was ist das Problematische an diesem Gegenstand?
Was erscheint mir unklar, paradox, widersprüchlich, erstaunlich, interessant, unerforscht?

Gründe für ADHS sind nur unzureichend geklärt (medizinischer Aspekt),
unterschiedliche Behandlungsmethoden, umstrittene Methoden,
vor allem Ritalin; facettenreiches Thema,
das interdisziplinär betrachtet werden muss;
schier unüberschaubare Fülle an Literatur;
Fokussierung auf die sozialpädagogische Perspektive ist notwendig.

 

Welche dieser Fragen verlangt in besonderer Weise nach einer Diskussion?

Ist es sinnvoll, ADHS medikamentös zu behandeln?
Welche Alternativen gibt es dazu?

 

Weswegen interessiert mich diese Frage mehr als die anderen Fragen?

Sie interessiert mich mehr als die anderen Fragen, weil ich in meinem Schulpraktikum erfahren habe,
dass die Gabe von Ritalin erhebliche Nebenwirkungen hat.

 

Welches wissenschaftliche Problem beinhaltet diese Frage?

Lassen sich unerwünschte Verhaltensmodi (seelisch-geistiger Bereich) mit Interventionen auf physiologischer Ebene eindämmen?
Wie lässt sich unerwünschtes Verhalten durch erwünschtes Verhalten ersetzen?

 

Methode

Nun gilt es zu überlegen, mit welcher Methode die Fragestellung bearbeitet bzw. das Thema analysiert werden kann. Während es ab der Bachelorarbeit unabdingbar ist, die Methode offenzulegen, kann man bei Hausarbeiten in dieser Hinsicht Nachsicht walten lassen. Wenn man die Hausarbeit jedoch als Übungsfeld für Abschlussarbeiten betrachtet, dann sind methodische Vorüberlegungen auf jeden Fall anzuraten.

Auf der Grundlage der eingangs kurz erwähnten methodischen Basis, der Hermeneutik, gilt es, ein Bewusstsein für spezifischere Methoden zu entwickeln. Dabei ist zu beachten, dass sich bereits jede Hausarbeit, obwohl sie im Normalfall keine eigenständigen Erkenntnisse liefert, in eine wissenschaftliche Diskussion einreiht, die niemals zu einem Ende kommt und sich der Vorläufigkeit ihrer Erkenntnisse bewusst ist. Daraus resultiert vor allem in sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen, dass sich zwischen dem Subjekt der bzw. des Forschenden und dem Objekt der Erkenntnis, seien es nun Menschen und ihre Verhaltensweise oder Texte, keine klare Trennungslinie ziehen lässt.

Vor dem Hintergrund der Hermeneutik sollte man, wenn man diese methodische Grundkompetenz verinnerlicht hat, das Augenmerk auf den Einsatz spezifischer Methoden richten. Helfen kann in dieser Etappe ein erneuter Blick auf die Quellen bzw. die Sekundärliteratur und die dort angewandten Methoden. Zu denken ist etwa an die quantitative oder qualitative Forschung in den Sozialwissenschaften oder, sehr allgemein, an werkimmanente oder werktranszendierende Methoden im Bereich der Literaturwissenschaft.

 

Auf dem Weg zur Gliederung

Lesen im Hinblick auf die Fragestellung

Sowohl in der Schule als auch im Studium benutzt man häufig Lehrbücher. Es gilt, ihre Inhalte intensiv zu lesen, denn sie bilden oftmals den Grundstock an Kenntnissen innerhalb einer Disziplin. Etwas anders funktioniert das Lesen, das der Bearbeitung einer Fragestellung dient: Hier ist es wenig zielführend, den ganzen Text aufmerksam zu rezipieren. Besser ist es, sich mit der Lektüre von Überschriften, Zwischenüberschriften und Zusammenfassungen am Anfang und Ende der einzelnen Kapitel einen Überblick über den Inhalt zu verschaffen. Das erlaubt es, genau dort intensiv in den Text einzutauchen, wo Informationen zur Fragestellung geboten werden.

Nun ergibt sich ein Interaktionsprozess von Eigenem und Fremdem, eine Art dynamische Symbiose und ein Voranschreiten, bei dem man sich nicht in Kleinigkeiten verliert, sondern eine spezifische Ordnung des Ganzen anstrebt.

 

Spezifische Literatursuche

Nachdem Sie spätestens jetzt Ihr Thema eingegrenzt, die Fragestellung formuliert und sich evtl. über einzusetzende Methoden Klarheit verschafft haben, sollten Sie Ihre Literatursuche erweitern und gleichzeitig spezifizieren. Hier bietet sich ganz besonders die Literatursuche nach dem Schneeballsystem an.

 


Bibliographie

Boeglin, Martha: Wissenschaftlich arbeiten Schritt für Schritt. Gelassen und effektiv studieren. München: UTB, 2012, 2. Aufl.

Esselborn-Krumbiegel, Helga: Richtig wissenschaftlich schreiben. Paderborn – München: UTB, 2010, 2. Aufl.

Franck, Norbert/Stary, Joachim: Die Technik wissenschaftlichen Arbeitens. Paderborn – München: UTB, 2011, 16. Aufl.

Reiter, Markus: Schreibtipps für Studierende. Nördlingen: Schäffer-Poeschel Verlag, 2011.

Schneider, Wolf: Wie Sie besser schreiben. Eine Deutsch-Stilkunde in 20 Lektionen. Hamburg: Zeitverlag, 2012

Werder, Lutz von: Brainwriting & Co. Die 11 effektivsten Methoden des kreativen Schreibens für die Schule und das Studium. Berlin – Milow: Schibri Verlag, 2011.

Werder, Lutz von: Grundkurs des wissenschaftlichen Lesens. Berlin – Milow: Schibri Verlag, 1995.

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