Kumulativ promovieren?

Dr. Sven Arnold

Promotion

Einer Erhebung aus dem Jahr 2013 zufolge nutzt etwa ein Fünftel der Promovierenden in Deutschland die Möglichkeit einer kumulativen Promotion. Wann und für wen stellt diese Form der Promotion eine sinnvolle Alternative zur Monografie dar?

Was ist eine kumulative Promotion und was ist ihre Voraussetzung?

Bei einer kumulativen Promotion müssen Sie mehrere Fachartikel einzeln veröffentlichen – je nach Promotionsordnung sind das meist drei oder vier. Zur Einreichung als Dissertation müssen Sie diese Artikel dann mit einem rahmenden Text versehen, in dem der Zusammenhang und die Ergebnisse der einzelnen Artikel in Bezug auf eine übergeordnete Forschungsfrage dargelegt werden.

Die Voraussetzung für eine kumulative Promotion besteht dabei zunächst schlicht darin, dass diese Möglichkeit in der Promotionsordnung der Fakultät, an der Sie promovieren wollen, ausdrücklich enthalten sein muss.

Vorreiter dieses alternativen Angebotes sind vor allem Disziplinen mit einem hohen Anteil empirischer Forschung wie Natur-, Technik-, Wirtschafts-, Sozial- oder Gesundheitswissenschaften. In den geistes-, gesellschafts- und rechtswissenschaftlichen Fächern hingegen ist bisher oft nur die Monografie vorgesehen.

 

Für wen ist eine kumulative Promotion eine sinnvolle Option?

 

1. Promovierende, die zu interdisziplinären Themen schreiben

Obwohl Interdisziplinarität theoretisch positiv besetzt ist, ist es in der Praxis nicht immer leicht, für ein interdisziplinäres Promotionsthema die geeignete Fakultät, interessierte Betreuende oder hilfreiche Kolloquien zu finden. Die kumulative Promotion ermöglicht und erleichtert es, im Rahmen des interdisziplinären Promotionsprojektes Teilthemen disziplinär zu verorten und in den jeweiligen Fachzeitschriften dieser verschiedenen Disziplinen zu veröffentlichen. Ebenso ist es leichter, Teilaspekte des Themas auf disziplinär ausgerichteten Konferenzen vorzustellen und gegebenenfalls im entsprechenden Konferenzband zu veröffentlichen.

 

2. Promovierende, die empirisch forschen, beispielsweise anhand aufeinander aufbauender Versuche, Befragungen oder Experimente

Die Idee, dass eine Promotionsleistung auch über eine Folge von Fachartikeln erbracht werden kann, wurde insbesondere für die Gruppe der empirisch Forschenden entwickelt. Sie stammt zum einen aus der Überlegung, Teilergebnisse aus Forschungsprojekten nicht erst mit Abschluss der großen Monografie und damit Jahre nach der empirischen Erhebung, sondern schon während des Forschungsprozesses der Scientific Community zugänglich zu machen. Zum anderen entspringt sie dem Kalkül, schon durch Teilveröffentlichungen den entsprechenden Forschungsbereich sichtbar zu besetzen.

 

3. Promovierende, die wenig oder sehr wenig Zeit haben, kontinuierlich über längere Zeiträume an einer Dissertation zu arbeiten

Die Aufteilung der Dissertation in mehrere eigenständig zu publizierende Einheiten zerlegt das Promotionsprojekt automatisch in kleinere Portionen.

 

4. Promovierende, die über ihre Betreuungspersonen oder Forschungsinstitute Kontakte zu Fachzeitschriften haben oder erhalten können

Viele Professorinnen und Professoren haben durch eigene Publikationen häufig gute Kontakte zu Fachzeitschriften und -verlagen. Da die kumulative Promotion zum größeren Teil aus der Veröffentlichung von Fachartikeln und -aufsätzen besteht, können solche Kontakte als flankierende Maßnahme hilfreich sein, um die einzelnen Artikel anbieten und „unterbringen“ zu können.

 

Ist es leichter und schneller, kumulativ zu promovieren als mit einer monografischen Dissertation?

Eine als Dissertation eingereichte Monografie wird in der Regel angenommen, zumal in den meisten Fällen die Betreuenden schon vor der Einreichung Teile gelesen und kommentiert haben. Die mündliche Prüfung – wie auch immer sie verläuft – gefährdet normalerweise nicht den Erwerb des Doktortitels. Und die abschließend geforderte Veröffentlichung der Promotionsschrift ist, wenn sie nicht durch einen Zuschuss unterstützt wird, auf jeden Fall durch die Übernahme aller Kosten durch den Autor oder die Autorin möglich. Mit anderen Worten: Ist eine Monografie erst einmal eingereicht, ist die größte Hürde überwunden.

Bei der kumulativen Promotion hingegen besteht die Hürde nicht in der Einreichung des Gesamtpaketes bei Ihrer Universität, sondern in der Annahme der einzelnen Fachartikel durch die Redaktionen der betreffenden Zeitschriften. Und je nach den Vorgaben für die kumulative Promotion müssen Sie diese Hürde zwei- bis viermal überwinden.

So können Ablehnungen von eingereichten Artikeln, umfangreiche Überarbeitungsvorgaben aufgrund der Peer Review oder das Verschieben der Veröffentlichung von einer Nummer der Zeitschrift zur nächsten viel Zeit und Energie in Anspruch nehmen. Damit ist der zeitliche Aufwand einer kumulativen Promotion am Ende dem einer Monografie durchaus vergleichbar.

 

Fazit

Auch wenn eine kumulative Dissertation nicht unbedingt schneller oder leichter zu bewerkstelligen ist als eine monografische Arbeit, so kann sie doch für manche Promovierende je nach Thema oder persönlicher Situation die praktikablere Alternative darstellen.

 


1 Stefan Hornbostel / Jakob Teasch (2014): „Die Forschungspromotion. Entwicklungstrends in Deutschland“. In: Forschung & Lehre, 21. Jg., Nr. 8, S. 606–608.

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