Häufige Fragen von Studierende an ihre Betreuer

Prof. Horn

„Wenn Sie eine Bachelorthesis oder eine Masterthesis anschauen, um sie später zu bewerten, worauf achten Sie dann zuerst?“

Der erste Blick des Betreuers gilt der Form der Arbeit. Denn schon die Form gibt Hinweise auf ihren Inhalt und die Leistung des Verfassers. Die Gliederung in Abschnitte und Unterabschnitte erlaubt erste Rückschlüsse darauf, wie der Student seine Aufgabe bearbeitet, sein Material und seine Gedanken geordnet und seine Ergebnisse gewonnen hat. Die Gliederung ist keine Äußerlichkeit des Textes, sondern sie wirft Licht auf die wichtigsten Gesichtspunkte, die bei der Beurteilung einer Bachelorarbeit oder einer Masterarbeit eine Rolle spielen. Diese sind der sachliche Gehalt der Arbeit, die selbständige Leistung des Verfassers und die Schlüssigkeit seiner Gedankenführung.

Die Lektüre des Betreuers beginnt mit der Einleitung und dem Schluss der Arbeit. Die Einleitung soll das Thema der Arbeit erläutern, ihre Fragestellung begründen, die Methoden ihrer Bearbeitung beschreiben und ihren Aufbau vorstellen. Der Schlussteil fasst die Ergebnisse der Untersuchung zusammen und ordnet sie in die wissenschaftliche Diskussion oder den Forschungsstand ein. Einleitung und Schluss sollen den Inhalt der Arbeit aufschließen.

Bei der Beurteilung des sachlichen Gehalts der Arbeit geht es dann vor allem um die Frage, ob und in welchem Maße es dem Verfasser gelungen ist, die Ergebnisse seiner Ausführungen mit seiner Fragestellung zu verknüpfen. Die Ergebnisse sollen sich klar aus der Bearbeitung der gestellten Fragen ergeben. Die Selbständigkeit des Verfassers bemisst sich danach, wie er mit der benutzten Literatur argumentativ umgeht, wie er die wissenschaftlichen Methoden seines Faches anwendet und wie er gegebenenfalls eigene Recherchen in die wissenschaftliche Diskussion über seine Fragen einordnet. Eine gute Gedankenführung bedeutet, dass der Leser die einzelnen Schritte der Argumentation nachvollziehen kann und sie überzeugend findet. 

Ganz wichtig ist hier, wie der Student mit Zitaten aus der Literatur umgeht. Als Faustregel gilt: Wer wörtliche Zitate sparsam und gezielt zur Verstärkung seiner eigenen Argumentation einsetzt, zeigt eine größere Selbständigkeit als derjenige, der in seinem eigenen Text besonders viele Zitate anderer unterbringt. Schließlich spielt bei der Bewertung der Arbeit ihre Form eine Rolle. Zweierlei ist damit gemeint: Die Regeln des Zitierens, die sich von Fach zu Fach unterscheiden, müssen stringent und fehlerfrei eingehalten werden; alles andere drückt die Note. Und die Sprache der Arbeit sollte ihrem Gegenstand angemessen sein. In wissenschaftlichen Arbeiten ist weder bürokratisches Kauderwelsch angesagt noch glänzende Prosa gefordert.

 

„Wenn mir mein Betreuer sagt, meine Bachelorthesis oder meine Masterthesis habe einen geringen wissenschaftlichen Gehalt, was genau meint er damit?“

Die Frage ist leichter zu beantworten, wenn man sie positiv formuliert: Was macht den wissenschaftlichen Gehalt einer Arbeit aus? Die folgenden sieben Punkte sind für die Verfasser einer Bachelorarbeit oder einer Masterarbeit wichtig:

  1. Wissenschaft zielt darauf, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Um Erkenntnisse zu gewinnen, muss man wissen, was man eigentlich wissen will. Jede wissenschaftliche Arbeit setzt eine Frage voraus. Die Formulierung einer Frage ist der Ausgangspunkt für eine wissenschaftliche Untersuchung. Daraus ergibt sich die Suche nach dem notwendigen Forschungsmaterial.
  2. Eine wissenschaftliche Frage muss ihren Gegenstand abgrenzen. Sie kann darauf zielen, Neues herauszufinden oder Bekanntes unter einem neuen Blickwinkel zu betrachten.
  3. Wissenschaft geht systematisch vor. Sie legt frei, welche Schritte sie zur Gewinnung neuer Erkenntnisse unternimmt, und sie präsentiert diese in nachvollziehbarer Weise.
  4. Wissenschaftliches Arbeiten muss seine Informationsquellen genau benennen. Dazu gehört auch die Berufung auf andere Wissenschaftler.
  5. Wissenschaftliche Arbeiten sollten sich möglichst der Umgangssprache bedienen, um verständlich zu sein; aber sie dürfen nicht darauf verzichten, die wesentlichen Begriffe, mit denen sie argumentieren, genau zu definieren.
  6. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen sollten über ihren eigenen Gegenstand hinausweisen. Jede wissenschaftliche Arbeit sollte den Forschungsstand beschreiben und zeigen, wie und warum sie die wissenschaftliche Forschung weiterführt.
  7. Eine wissenschaftliche Arbeit macht Sachaussagen. Aber sie darf diese auch bewerten. Voraussetzung ist, dass sie beides klar voneinander trennt.

 

„Ich lese zu meinem Thema viele Bücher. Ich finde, die Autoren schreiben so gut. Ich kriege das so rund nicht formuliert. Muss ich mir bei der Abgabe meiner Bachelorthesis oder meiner Masterthesis deswegen Sorgen machen?“

Nein! Es gibt Autoren wissenschaftlicher Arbeiten, die flüssig und elegant formulieren, aber es gibt auch solche, die ganz umständlich und verholzt schreiben. Wer eine Bachelorarbeit oder eine Masterarbeit schreibt, sollte sich vom Sprachstil anderer möglichst wenig beeindrucken lassen. Gedrechselte Sätze sind hier nicht gefragt. Wichtig sind Sätze, deren Sinn klar und eindeutig ist. Die Lesbarkeit der Arbeit ist das Wichtigste. Kein Student sollte versuchen, dem Stil eines anderen Autors hinterherzulaufen. Das wäre immer ein Weg in die Irre.

 

„Mein Betreuer meinte zu mir: ‚Ich vermisse in Ihrer Arbeit eine konkrete Fragestellung.‘ Was unterscheidet eine gute Fragestellung von einer schlechten?“

Für die Fragestellung einer Bachelorarbeit oder einer Masterarbeit sind immer zwei verantwortlich: der Betreuer und der Verfasser selbst. Jeder Student sollte mit einem Themenvorschlag an seinen Betreuer herantreten. Selbst ein Thema vorzuschlagen ist der erste Schritt auf dem Weg zum Erfolg! Der Betreuer sollte dazu seinen Rat geben, gegebenenfalls Veränderungen anraten oder einen eigenen Themenvorschlag machen. Die Prüfungsordnungen sehen in der Regel das Vorschlagsrecht der Prüfungskandidaten vor. Jeder sollte davon Gebrauch machen!

Eine gute Fragestellung grenzt das Thema ein. Sie geht aus vom Forschungsstand, schätzt den Aufwand bei der Erarbeitung und der Auswertung des eigenen Forschungsmaterials ein und formuliert das Anliegen der Arbeit. Sie hilft beim Suchen, beim Ordnen und Auswerten, und sie zeigt, wohin der Weg gehen soll. Schlechte Fragen wären solche, die diesen Anforderungen nicht genügen. Kein Student sollte sich auf Fragen einlassen, die er mit vertretbarem Aufwand nicht beantworten kann!

 

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